Und heute ist einer dieser Tage. Ein Tag, der von mir als Lehrerin viel Kraft forderte und an dem ich mit einem schlechten Gefühl ins Wochenende gehe. Heute ist ein Tag, an dem eine Schülerin nicht im Unterricht erschienen ist. Und das ist kein gutes Zeichen in dem Umfeld, in dem ich arbeite: in der Kinder-und Jugendpsychiatrie.
Der Tag begann mit meiner Vertretungsstunde im offenen Bereich der Schule. Das heisst, dass die Schüler*innen ohne Begleitung in die Klassen kommen. Meine eigentliche Klasse auf der Intensivstation wird von mir immer abgeholt und in den Raum begleitet. Heute also wartete ich auf die Jugendlichen. Sie trudelten ein und ich war kurz davor, den Unterricht zu beginnen, als mir auffiel, dass eine Schülerin nicht ankam. Ein Anruf auf der Station brachte die Bestätigung: die Schülerin war auf dem sehr kurzen Weg über das Klinikgelände abgehauen. Sie gilt seitdem als vermisst. Das passiert tatsächlich das eine oder andere Mal. Bei diesem Mädchen aber ist die Sorge gross, dass sie nicht mehr zurück kommt. Ein Polizeiaufgebot und einige Telefonate liessen die Schüler*innen in meiner Vertretungsklasse spekulieren, was gerade vor sich ging. Direkt wurde klar, was Sache war.
Und meine Aufgabe bestand nun darin, dennoch Unterricht zu machen. Die Anwesenden zu beschulen und die Sorgen in den Hintergrund zu verbannen. Das ist immer ein wirklicher Kraftakt. Aber es klappt.
Nach der Pause dann fand der Unterricht in meiner Klasse auf der Intensivstation statt. Auch hier war die Information schon angekommen. Hier sind die Gedanken und Grübeleien verstärkt: die Kinder und Jugendlichen sind in der Zeit auf dieser Station äusserst sensibel und feinfühlig. Und auch hier versuchte ich, den Schulalltag so möglich zu machen wie es ging.
Jetzt nach Schulschluss dürfen die Kopfschmerzen endlich raus. Es pocht und das Gesicht fühlt sich heiss an. Das anstehende Wochenende muss ich nutzen, um die Gedanken zu sortieren und das Beste zu hoffen. Am Montag geht es dann wieder weiter.
UPDATE: Das Mädchen kehrte am späten Abend wohlbehalten in die Klinik zurück. Was für eine frohe Botschaft!
3 Kommentare
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8. Februar 2019 um 21:16
Anonym
Ich bin die Mutter solcher Kinder. Und beruflich in diesem Dunstkreis tätig. Ich wünsche ganz viel Kraft und hoffe das Beste.
8. Februar 2019 um 21:24
Johannes
Danke für Deine Arbeit. Hoffen wir das Beste!
9. Februar 2019 um 10:51
Anonym
Und was für eine Erleichterung, dass dieses Gefühl nicht bis Montag warten musste!